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FREUNDSCHAFT-DIE AUSSTELLUNG ÜBER DAS

WAS UNS VERBINDET

Deutsches Hygiene Museum, Dresden 2015

 

Kurator: Dr. Daniel Tyradellis, Berlin

 

Seit der Antike galt Freundschaft als die erstrebenswerteste Form des Sozialen, bis sie im Laufe des 19. Jahrhunderts in den westlichen Gesellschaften vom Ideal der bürgerlichen Liebesbeziehung abgelöst wurde. Und heute? Angesichts einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Dynamik, in der dauerhafte Bindungen objektiv immer schwerer einzugehen sind und subjektiv oft gar nicht mehr gewünscht werden, kommt der Freundschaft eine neue Bedeutung zu. Denn neben den verbindlicheren sozialen Beziehungen wie Liebe und Verwandtschaft oder den Absicherungen des Wohlfahrtsstaats verspricht sie uns ein weiteres Netz der Solidarität. Dabei ist sie stabil genug, um uns Vertrauen und Nähe zu bieten, und doch so dehnbar, dass sie unserem Bedürfnis nach Unabhängigkeit Raum lässt. Gegenwärtig wird aber auch darüber geklagt, dass der Begriff Freundschaft zu gedankenlos benutzt und hemmungslos kommerzialisiert wird. Was bedeutet es, wenn man sich in sozialen Netzwerken ganze Hundertschaften angeblicher Freunde zusammen-„adden“ kann? Rutscht hier eine Generation in Oberflächlichkeit ab? Oder übersieht eine solche besorgte Einschätzung die ungekannten Möglichkeiten digitaler Kommunikation? Jenseits allzu schneller Gewissheiten fragt die Ausstellung danach, was die verschiedenen Konzepte von Freundschaft ausmacht und was sie bedeuten, für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Ist ein Freund derjenige, der einen ohne Wenn und Aber unterstützt – oder ist er derjenige, der einen in Frage stellt? Sind Freunde nützlich – oder spielen Nützlichkeitserwägungen in einer Freundschaft gerade keine Rolle? Ist Freundschaft so intim und intensiv wie die Liebe – nur eben ohne Sex? Oder ist Freundschaft gar nicht zu greifen und immer wieder etwas ganz anderes – in jeder Epoche und Kultur, in unterschiedlichen Milieus und Gesellschaftsschichten und für Männer und Frauen sowieso? Eine etwas andere Art der Objektbeschriftung Jeder Besucher wird in dieser Ausstellung übrigens eigene, nur für ihn ausgewählte Objekttexte lesen können. Und das geht so: Am Anfang beantwortet er oder sie einige Fragen zur Freundschaft. So entsteht ein persönliches Profil, das auf einem Chip gespeichert wird, den man an einem Armband mit sich führt. Jetzt hat man die Wahl: Entweder man liest auf den digitalen Objektschildern den „normalen“ Ausstellungstext oder man lässt sich per Handbewegung einen neuen Text einblenden, der auf das eigene Profil abgestimmt ist. Mit anderen Worten: Der Text verhält sich wie ein Freund, dessen Interessen und Meinungen man teilt. Wäre es nicht auch spannend zu erfahren, welche abweichenden Sichtweisen es gibt? Hierzu muss man nur den Mitbesuchern über die Schulter gucken, die mit großer Wahrscheinlichkeit andere Informationen zu dem gleichen Exponat erhalten. Hin und her gerissen zwischen der angenehmen Bestätigung eigener Positionen und dem Versprechen nach „Mehr“ bewegen sich die Besucher durch die Ausstellung.

 

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